Rabenclan

Verein zur Weiterentwicklung heidnischer Traditionen e.V.

Krokodil
Analyse Zentrale Argumentation
28.04.2017, 09:55

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Das okkulte Hinterzimmer des Rabenclan

Der zentrale Argumentationsstrang Jörg Stolzenbergers im Überblick

Unter dem vermeintlich reißerischen Titel "Bücher aus dem Giftschrank des New Age" hat Jörg Stolzenberger im Auftrag der "Aufklärungsgruppe Krokodil" eine Art Bewertung und Kommentierung des Rabenclan e.V. zusammengetragen. Als formales Gerüst des Kommentars dienen die Fragen, die Jörg Stolzenberger von der "Aufklärungsgruppe Krokodil" als interessierter Aufklärer dem Rabenclan e.V. stellte.

Um die Hintergründe dieser Fragen dem Leser der Texte der "Aufklärungsgruppe Krokodil" verständlich zu machen, werden ihm verschiedene "Beobachtungen" mitgeteilt. Schaut man sich die Präsentation dieser Beobachtungen an, ergibt sich ein Fluss an Hinweisen, der - wie auch immer die Antworten des Rabenclan e.V. ausfallen - einen bestimmten Eindruck festigen möchte, unter dem die eigentlichen Interviewantworten dann zu betrachten sind. Dass dieser Eindruck nicht nur durch das "Material" vorgegeben ist, sondern dass er auch durch eine stark (auf den gesuchten Okkultismus fokussierte) selektive Auswahl von Inhalten der Vereinsarbeit, eine tendenziöse Sprache und den geschickten Einsatz von fragmentarischen Zitaten aktiv stimuliert wird, versteht sich dabei fast schon von selbst - anders wäre das Bild vom Rabenclan als einer okkulten Organisation nämlich nicht aufrecht zu erhalten.

Hier soll nun der zentrale Argumentationsstrang Stolzenbergers, der dieser Methodik zugrunde liegt, beschrieben werden - unter Auslassung der jeweiligen Details. Für weitergehend Interessierte sind im Text Verweise auf die detaillierteren Einzeluntersuchungen angegeben.

Die Überschrift "Bücher aus dem Giftschrank des New Age" kündigt das Hauptmotiv der Erläuterung der Fragen an den Rabenclan e.V. an: Stolzenberger geht es in seiner Kommentierung darum, den Rabenclan e.V. zuerst in die Nähe des Okkultismus und dann auch des Satanismus zu rücken. Dafür muss er zuallerserst einmal die Haupttätigkeiten des Rabenclan e.V. (Öffentlichkeitsarbeit über neopagane Themen, Organisation von Veranstaltungen und Festen, Aufklärung über Rechtsesoterik, Vernetzung von (Neu-)Heiden) in den vergangenen zehn Jahren konsequent ausblenden und als Randthema behandeln. Zugleich konzentriert er sich auf vier Themengebiete, die seinem Argumentationsziel zu dienen scheinen.

Die Wahl der Überschrift zeigt aber bereits eine interessante Konnotation seines Vorgehens an, sie macht das nicht unproblematische Verhältnis des Autors zu liberalen Grundwerten deutlich: Literatur zu Dokumentationsgründen in einem Archiv zu sammeln, ist für ihn nicht nur ein Verdachtsmoment, sondern zugleich ein Hauptindiz. Und wie Jorge von Burgos in Umberto Ecos bekannten Roman scheint ihm Schrift - selbst in einer Bibliothek - gefährlich.

Diese Bedrohlichkeit von Literatur erklärt sich durch die übergroße Bedeutung, die Stolzenberger in seinen Anfragen an den Rabenclan e.V. den Gefahren des westlichen Okkultismus beimisst. In einer Tendenziösität, wie sie heute bei professionellen Weltanschauungsbeauftragten eher selten und hauptsächlich noch in fundamentalistisch-religiösen oder aggressiv freidenkerischen Gruppierungen zu Hause ist, insistiert er sowohl in seinem Dialog mit dem Rabenclan e.V. als auch in der anschließenden Kommentierung auf der Frage, ob der Verein oder auch nur seine Mitglieder, mit irgendwelchen Spielarten des Okkultismus zu tun habe - und sei es auch nur in Randgebieten.

Natürlich findet er bei dieser Hermeneutik des Verdachts Indizien, die eine okkulte Kontamination begründen: Für Stolzenberger ist der Umstand, dass ein Pressesprecher sich vor mehreren Jahren explizit gegen Okkultismus ausspricht, ein Argument für okkultistische Umtriebe im Verein; die Tatsache, dass ein Autor eine ausführliche Kritik des Satanismus schreibt und zugleich zu Toleranz hinsichtlich der nichtkriminellen Spielarten aufruft, Beleg für fehlende Abgrenzung. Eine von einem der 140 Vereinsmitglieder geschriebene, über fünf Jahre alte, launige Aufsatzreihe über Magie, die nicht einmal auf der offiziellen Vereins-Website veröffentlicht wurde, mutiert zu einer offiziös zu wertenden Anleitung, willige Probanden mit Cidre(!) zu gefährlichen Meditationen(!) zu verlocken. Und so weiter. Das Ganze hat hin und wieder unfreiwillig humorvolle Züge, ist aber natürlich dennoch ärgerlich, wenn durch solches Vorgehen Prinzipien einer sorgfältigen und fachgerechten Aufklärung über neue religiöse Bewegungen über Bord geworfen werden. Dass er mit dieser Arbeitsweise seinen selbstgestellten Auftrag - die Aufklärung über reale Gefahren des Jugendokkultismus - ad absurdum führt, ist um so bedauerlicher.

Im folgenden werden einige Aspekte geschildert, wie die "Aufklärungsgruppe Krokodil" sich ein okkultistisches Bedrohungszenario konstruiert. Auf eine psychologische oder diskurstheoretische Deutung dieses Verhaltens wird dabei verzichtet.


Die selektive Themenauswahl

Im Online-Magazin der Website des Rabenclan e.V. befinden sich über 100 Artikel und Texte. Mehr als ein Drittel dieser Texte hat Problematiken rechtsesoterischen Gedankenguts oder der Demokratie allgemein zum Thema. Der Grossteil der anderen Artikel beschäftigt sich mit einer Vielzahl an gesellschaftlichen oder kuturellen Themen aus neopaganer Sicht. Die Anzahl der Texte, die sich explizit mit okkultistischen Inhalten beschäftigen lassen sich an einer Hand abzählen. Zum Thema "Satanismus" gibt es genau einen Aufsatz - und dieser steht dem Satanismus sehr kritisch gegenüber. Auch wenn die Artikel nicht die offizielle Meinung des Vereins wiedergeben, sind sie doch ein Indiz dafür, was die Mehrzahl der Vereinsmitglieder umtreibt. Wer den Rabenclan e.V. auf Podiumsdiskussionen erlebt, seine Veranstaltungen besucht oder seine Vereinsgeschichte anschaut, wird ebenfalls unschwer feststellen, wo die Schwerpunkte seiner Arbeit liegen. All das interessiert Jörg Stolzenberger wenig - im Gegenteil, dies würde seiner vorgefestigten Meinung ja die Subsanz nehmen.

Die Thematik, die Stolzenberger dagegen herausstreicht, macht er durch den Verlauf seiner Themenbehandlung deutlich:

Der Text beginnt zwar mit einer knappen, selektiven Vorstellung einiger Rohdaten über Rabenclan e.V., um deren Darstellung der Autor nicht herumkommt, wenn er den leidlichen Eindruck erwecken will, einen Überblick über den Verein zu liefern. Doch schon die erste zentrale Zwischenüberschrift lautet: "Distanzierung zum Satanismus- ja aber..". Sie leitet einen fünfseitigen Text ein, der sich mit dem angeblich problematischen Verhältnis des Rabenclan e.V. zum Satanismus beschäftigt. Es folgt die Überleitung zum Themenfeld Magie. Aus den 14 Arbeitsgemeinschaften der Rabenclan e.V. fällt Stolzenberger natürlich die AG Magie auf - deren letzte Aktivitäten eine Veranstaltung im Jahr 2001 gewesen ist. Daß in naturreligiösen Kulturen ein magisches Weltbild (das sich freilich auch nicht mit dem Schwarz-Weiß-Bild eines christlich/satanistischen Magiesystems in Deckung bringen lässt) existiert, ist für Stolzenberger schwer verständlich. Stolzenberger widmet ihrer Existenz daher mehrere Seiten.

Daran schliesst sich das nächste Kapitel an, das sich unter Überschrift "Jugendgefährdendes Material über Okkultismus und New Age?" mit dem vereinseigenen Archiv beschäftigt, in dem unter anderem auch okkulte Literatur gesammelt wird.

Es folgt ein Artikel über die Auseinandersetzung zwischen dem Rabenclan e.V. und der Berliner Evangelischen Zentrale für Weltanschauungsfragen (EZW).

Der Artikel schließt mit der Schilderung kritischer Bemerkungen eines mit dem Rabenclan e.V. befreundeten Projekts hinsichtlich des Arbeitskreises Naudhiz. Dabei wird auf der letzten Seite ausführlich der Fragenkatalog zitiert, den die "Aufklärungsgruppe Krokodil" diesem Arbeitskreises Naudhiz geschickt hat. Man wird den Eindruck nicht los, dass auch dieses Thema weniger zur Charakterisierung des Rabenclan e.V. für den Autor interessant ist, als vielmehr zur kritischen Betrachtung der Mitglieder von Naudhiz. Zumal der Rabenclan e.V. - wie sollte es anders sein - nach Aussage Stolzenbergers eben nur "versucht" sich vom Rechtsradikalismus "abzugrenzen".

Doch nun kann ja die selektive Themenwahl Stolzenbergers durch die Brisanz der Recherche verursacht und durch die problematischen Verhältnisse gerechtfertigt sein. Schauen wir uns also an, was so Beunruhigendes über den Rabenclan e.V. zusammengetragen wurde. Insgesamt hat der Text ohne Endnoten zwölf Seiten, wovon sich elf mit dem Rabenclan e.V. beschäftigen. Im Folgenden sollen jene vier Kapitel behandelt werden, die den zentralen Argumentationslauf Stolzenbergers beinhalten. Sie machen mit sieben Seiten deutlich mehr als die Hälfte der Gesamtargumentation aus.


Im Netz des Satanismus "verfangen" ?

Die erste Zwischenüberschrift, die in der Kommentierung ins Auge fällt, lautet wie gesagt: "Distanzierung zum Satanismus. Ja, aber..." (siehe Seite 3 des Textes). Die Zeile suggeriert, dass die Distanzierung des Rabenclan e.V. zu satanischen Gruppen nur halbherzig erfolgt, bzw. die Mitglieder des Vereins etwas zu verbergen hätten. Sie unterstreicht eine unausgesprochene Frage, die zwischen den Zeilen im weiteren Textlauf immer deutlicher in den Vordergrund tritt: Ist der Rabenclan e.V. nur zu blauäugig, um zu wissen, worauf er sich bei seiner geschilderten "Laisser Faire"-Haltung einlässt - oder versteckt er sogar Satanisten in seinen Reihen?

Um diese Problematik zu veranschaulichen, präsentiert der Wortführer der "Aufklärungsgruppe Krokodil" das Statement des ehemaligen Pressesprechers Duke Meyer, der sich in einer vereinsinternen Auseinandersetzung über Stimmen im Rabenclan e.V. ärgerte, die einen Fehler, den Meyer selbst begangen hatte, als unschön, aber dennoch als nicht weiter tragisch ansahen.
Worum ging es? Der Liedermacher und Perfomance-Künstler hatte im November 2001 zwei Prosatexte über Raben in dem Buch "Rabengeschrei" veröffentlicht, das in Zweitauflage nicht mehr im eher unverdächtigen Clemens Zerling Verlag erschien, sondern in dem Verlag "Second Sight Books", der sowohl satanische, okkultistische als auch phantastische Literatur auf den Markt bringt. Als ihm der Missgriff deutlich wurde, bot er seinen Rücktritt an, da er eine Gefährdung des Vereins durch einen falschen Eindruck auf die Öffentlichkeit befürchtete; das Rücktrittsangebot wurde jedoch nicht angenommen. Meyer sah seinen Fehler aber als äussert schwerwiegend an, war deshalb über einzelne beschwichtigende Stimmen sehr aufgebracht und kritisierte entsprechend scharf seine Vereinskollegen. Ein Teil der Auseinandersetzung ist im Internet-Archiv des Rabenclan e.V. dokumentiert, und über die Suchmaschine Google leicht auffindbar, gibt man die Wörter "Rabenclan" und "Satanismus" ein.

Jörg Stolzenberger behandelt die Geschichte wie einen Skandalfall, als ob Meyer der Teilnahme an blutrünstigen schwarzen Messen überführt worden wäre. Ausmaß und Charakter der Geschäftsbeziehung zwischen Duke Meyer (und damit dem Rabenclan e.V.) und dem esotersichen Buchverlag werden dramatisch dargestellt. Der ehemalige Pressesprecher hat nach Jörg Stolzenbergers Darstellung nicht einfach einen Fehler begangen, sondern sich gleich im "Netz des Second-Sight-Verlages verfangen", eine Formulierung die heillose Verstrickung oder zumindest nur mühsame Befreiung suggeriert - jedenfalls eine zeitweilig sehr enge Beziehung.

Jörg Stolzenberger gibt vor, sich gerade dafür zu interessieren, warum Duke Meyer sich erst so spät zu dieser Angelegenheit äußert und ob dies nur auf Grund von Druck geschah. Er folgt dabei aber der Gesamtstrategie seines Textes, im Sinne einer Aufklärung vermeintlich nur Fragen stellen zu wollen und die Hintergründe seiner Fragen an den Rabenclan e.V. dem Leser verständlich zu machen.

Doch durch den Vorfall, der von Jörg Stolzenberger in der Sprache einer öffentlichen Affäre dargestellt wird ("öffentliche Kritik oder Druck aus den eigenen Reihen?"), hat er das Leitmotiv seiner Argumentation in diesem Kapitel gesetzt, das im Kern lautet: "So weit her kann es ja mit der Distanz des Rabenclan zum Satanismus nicht sein." Auf diesem Leitmotiv aufbauend kann dann durch den Sprecher der "Aufklärungsgruppe Krokodil" festgestellt werden, dass der Verein eben nur "versucht" (Seite 5), sich auf der eigenen Website vom Satanismus zu distanzieren - insinuiert wird durch den Kontext natürlich, dass der "Versuch" zum Scheitern verurteilt ist.

Die Instrumentalisierung der Stellungnahme von Duke Meyer nimmt so eine ironische Wendung - denn man könnte es ja einem Verein und seiner internen Kultur hoch anrechnen, dass eine vereinsinterne Diskussion über die Textveröffentlichung im "Second Sight"- Verlag geführt wurde, der Pressesprecher deshalb seinen Rücktritt anbot und Vereinskollegen wegen beschwichtigender Worte tadelte. Aber bei Stolzenberger wird gerade Meyer, der sich in seiner Vereinsfunktion doch vehement für eine harsche Behandlung jeder Aktion einsetzte, die den Verein auch nur mittelbar in die Nähe zum Satanismus rücken könnte, nun zum ersten Indiz, dass eben dieser Verein vielleicht doch mit Satanisten "kuschelt". (Eine genaue Analyse der tendenziösen Beschreibung und der eingesetzten Sprache Stolzenbergers findet sich hier.)


Die gefährliche Toleranz des Rabenclan e.V. gegenüber Satanisten

Um das durch dieses Indiz eingeführte Bild weiter auszubauen, dass der Rabenclan eben nur "versucht", sich zu distanzieren, greift die "Aufklärungsgruppe Krokodil" ein Zitat aus dem Aufsatz eines einzelnen Rabenclan-Mitglieds auf, der unter dem Titel: "In Teufels Küche - Wieso demokratisch gesonnene Heiden einen Sicherheitsabstand zum Satanismus halten sollten" im Web-Magazin des Vereins abgedruckt wurde. Der ausführliche Artikel setzt sich deutlich distanzierend und warnend mit der Thematik des Satanismus auseinander. Die "Aufklärungsgruppe Krokodil" bemerkt zwar diese Kritik am Rande, hebt jedoch besonders zwei Sätze gegen Ende des Aufsatzes hervor:

"An anderer Stelle aber findet sich die Aussage von Rabenclan e.V.-Mitglied Martin Marheinecke:
»Satanisten sind nicht annähernd so gefährlich wie Neonazis und andere Rechtsextremisten« und »der Satanismus hat als Religion dasselbe Existenzrecht wie z.B. die katholische Kirche, der Methodismus oder der Zen-Buddhismus«.
Also auf der einen Seite eine Abgrenzung zum Satanismus und auf der anderen Verharmlosung?""


Die Zitate sind selektiv gewählt: Sieben Seiten lang erläutert Martin Marheinecke in dem besagten Artikel verschiedene Aspekte des Satanismus und macht aus seiner Ablehnung keinen Hehl. Er spricht ausführlich von einer "Religion ohne moralische Bremse", von "skrupellosen Egoismus", "Sozialdarwinismus" und "Gleichgültigkeit gegenüber dem Leid anderer". Der Autor beschreibt Satanisten als "selbsternannte und parasitäre Elite". Allerdings ist Marheinecke trotz aller Kritik ein uneingeschränkter Befürworter für weltanschauliche Toleranz und warnt vor übertriebenen Ängsten, dass eine Gefahr für die Gesellschaft drohe. Am Ende dieses Aufsatzes finden sich deshalb die obigen Formulierungen - allerdings in einem Kontext, den Stolzenberger unterschlägt: Martin Marheinecke möchte nämlich trotz aller Kritik am Satanismus darauf aufmerksam machen, dass man die Gefahren wohl ganz unterschiedlich gewichten muss, die für die Gesellschaft von Neonazis auf der einen und Neosatanisten auf der anderen Seite drohen. Das Statement wird im Bewusstsein einer Leserschaft geäußert, das mit dem antifaschistischen Engagement des Rabenclan e.V. wohlvertraut ist und mit diesem Engagement auch sympathisiert. Stolzenberger lässt diese Einschätzung und die tolerante Grundhaltung dagegen an "Verharmlosung" des Satanismus schlechthin denken.

Man fragt sich, ob der Wortführer der "Aufklärungsgruppe Krokodil" von einer diffusen Angst gegenüber dem Okkultismus getrieben wird, die unter Umständen mit der fundamentalistischer Christen vergleichbar ist und deshalb das Maß bei der Einordnungen gesellschaftlicher und politischen Gefahren verloren hat. Vermutlich scheint ihm aber auch in Zeiten des "Kampfs der Kulturen" die deutliche Demonstration aufgeklärter Grundhaltungen suspekt. Dass man in einer pluralistischen Gesellschaft problematische Weltanschauungen im konfrontativer Debatte kritisiert und dennoch zu Toleranz aufruft, ist ihm nicht geheuer. Es zeigt sich, ähnlich schon wie im Emailwechsel mit dem Rabenclan e.V., eine gewisse Spannung zu liberalen Werten. (Wie Stolzenberger das Zitat aus dem Kontext löst und zugleich eine selbstimmunisierende Argumentationskette aufbaut, wird hier detailliert dargestellt.)


Die Cidre-Magier im Rabenclan e.V.

Das aus dem Kontext gerissene Zitat von Martin Marheinecke wird auf die gleiche Ebene gestellt wie die offiziellen, ebenfalls dem Satanismus kritisierenden Verlautbarungen des Vereins und zwischen ihnen ein Widerspruch konstruiert - frei nach dem Motto: "Kann man diesen offiziösen Aussagen trauen?"

Stolzenberger will - wie nicht anders zu erwarten - dieser Spur folgen und interessiert sich deshalb ganz besonders für die "Arbeitsgemeinschaft Magie" des Rabenclan e.V.. Um deren Arbeitsweise zu untersuchen, stößt er auf eine fünf Jahre alte Artikelserie, die auf der eingangs erwähnten, mit dem Rabenclan e.V. befreundeten Website eines Vereinsmitglieds veröffentlicht wurde. Er gibt diese Website als eine offizielle Veröffentlichung des Rabenclan e.V. aus - ob wider besseren Wissens oder aus einen schlampigen Umgang mit Formulierungen heraus, scheint nicht ganz klar.(1) Die damaligen Artikel des jetzigen Vorstandsmitglieds Jens Scholz sind eine im flapsig-ironischen Ton verfasste erste Einführung in Magie. Unter Verwendung von Textverfremdungen, sinnentstellenden Zitaten und suggestiven Interpretationen möchte Stolzenberger nahe legen, dass ein Vorstandsmitglied des Vereins Jugendliche durch Artikel und Kurse mit einem satanistischen Weltbild bedient und zu Alkoholkonsum bei magischen Praktiken aufruft. (Wie Stolzenberger mit dem Originaltext umgeht, wird hier genauer beleuchtet) Die offenkundigen Verständnisprobleme des vermeintlichen Aufklärers angesichts des ihm vorliegenden Textmaterial lassen die Ausschlachtung des Artikels im investigativen Stil gelegentlich ins Komische abgleiten, demonstrieren aber auch eine gewisse diffuse Grundangst vor spirituellen Praktiken und Weltanschauungen, die nicht in das kognitive Gefüge des "Krokodils" passen. Für Stolzenberger ist durch die gefährlichen Äußerungen von Jens Scholz ein weiteres Indiz gesammelt, um den vorrausgesetzten Widerspruch zu den offiziellen Verlautbarungen des Vereins zu demonstrieren.

Daß nach Meinung Stolzenbergers gefährliche, "magische" Machenschaften aufgedeckt worden sind, die hinter der freundlichen Fassade des Vereines lauern, wird durch distanzierenden Formulierungen unterstrichen, mit denen die Antworten des Rabenclan e.V. wiedergegeben werden, die dieser zu den Fragen bezüglich der Aktivitäten der AG Magie mitgeteilt hat. Die von dieser AG privat initiierte Tagung "Magung" fand zum Beispiel nur "angeblich" das letzte Mal im Jahr 2001 statt - warum sollte man hier der Aussage des Rabenclan e.V. auch trauen? (Womöglich wurden heimlich weitere Tagungen mit ominösen Inhalt abgehalten?)Auch hier zeigt sich die selektive Vorgehensweise. So investigativ Stolzenberger uralte Details auszugraben vermag (wie die alte Aufsatzreihe eines Vereinsmitglieds oder eine vereinsinterne Auseinandersetzung über Fehler des Pressesprechers), so intensiv ausblenden kann er die Tagungsprogramme und Berichte zu den aktuelleren Veranstaltungen, die sich ja ebenfalls auf den Websites des Vereins befinden. Es wäre für ihn ein leichtes sich ein Bild über die Veranstaltungen der letzten Jahre zu machen und Aussagen des Vereins bezüglich seiner Tagungen zu verifizieren oder falsifizieren. (Dass er diese Berichte übersehen hat, ist unwahrscheinlich, denn sie bilden einen großen Teil der vereinseigenen Berichterstattung.)

Stolzenberger möchte die Tagung "Magung" möglichst nahe am verein ansiedeln. Um die Glaubwürdigkeit seiner Analyse zu erhöhen, dass im Rabenclan e.V. okkulte Umtriebe zu Beobachtungen sind, streut er deshalb vermeintliche Insider-Informationen über die Veranstaltung ein: "Die Teilnehmeranzahl war begrenzt, denn die Events sollten kein finanzielles Risiko für den Verein bedeuten."

Die Information stammt von der offiziellen Website der Tagung selbst, allerdings verfälscht:

'''Originaltext - Website Magung 2001:
"Die Teilnehmeranzahl ist sehr begrenzt, einerseits, um das Risiko dieses Events möglichst klein zu halten, andererseits aber auch, um den Teilnehmern auch wirklich die Möglichkeit zu geben, sich intensiv auszutauschen."

Von einem Risiko "für den Verein" ist in diesem Text keine Rede - was auch merkwürdig für die Veranstalter gewesen wäre, da die Veranstaltung gar nicht vom Rabenclan e.V. organisiert wurde.

Das passt aber nicht ins Bild. Und so wird dann auch nur in indirekte Rede berichtet: "Ich erfuhr im Interview näheres über die erwähnte "Magung", und auch, dass diese zwar von Mitgliedern des Rabenclan organisiert wurde, aber keine "offizielle" Rabenclan-Veranstaltung gewesen sei."
(Zur selektiven Verwendung der indirekten Rede siehe hier).


Die gefährlichen Bücher des Rabenclan-Archivs

Weitere Hinweise für seinen Generalverdacht findet Stolzenberger in dem ihm ominös erscheinenden Archiv des Rabenclan e.V., in dem eine Vielzahl an Periodika und Bücher zu unterschiedlichsten Themen der Neuen religiösen Bewegungen, des Neopaganismus, der Esoterik und des Okkultismus gesammelt werden. Das interessiert den Sprecher der "Aufklärungsgruppe Krokodil" und so fragt er in der nächsten Zwischenüberschrift: "Jugendgefährdendes Material über Okkultismus und New Age?" (S. 8)

Stolzenberger insinuiert eine interessante Theorie ohne sie explizit auszusprechen:
Die US-amerikanische Firma Symantec Corporation sperrt mit ihrer Filtersoftware die Website des Rabenclan e.V. - ein Umstand, der nicht nur im Umfeld des Vereins ein gewisses Schmunzeln auslöst. Nicht so bei Stolzenberger. Er setzt dies mit der Literatursammlung des Rabenclan e.V. in Verbindung: Symantec filtert, weil es das Archiv des Rabenclan e.V. gibt, so seine Idee. Nun kostet es nicht viel Rechercheaufwand um zu ermitteln, wann genau das Archiv des Vereins inklusive seiner Beschreibung der Web-Community überhaupt bekannt gemacht wurde und dies zeitlich mit der Sperrung durch die Filtersoftware von Symantec Coporation zu vergleichen.
Stolzenberger möchte diese Theorie aber gar nicht widerlegt sehen. So erfindet(!) er sogar eine im "Interview" angeblich ausgesprochene Nachfrage zu dem Thema, um zu demonstrieren, dass der Rabenclan e.V. zu diesem Punkt keine klare Antwort geben möchte. Um den Ernst seiner Bedenken noch zu unterstreichen und eine Geschichte wachsenden Zweifels im Kontakt mit dem Rabenclan e.V. zu erzählen, hat er auch keine Scheu den Verlauf der Kommunikation in seiner Reihenfolge umzudrehen. Dies passt zu seiner Historie investigativer Entdeckungen viel besser als das Zugeständnis, dass bestimmte Vor-Urteile den Dialog und seine Ergebnisse von vorneherein determinieren. (Eine ausführliche Darstellung, wie Stolzenberger zeitlichen Ablauf und Aussagen zum Archiv und Jugendschutz und den "Interview"-Ablauf frisiert, findet sich hier.)

Zudem wird hier (wie auch schon bei anderen Gelegenheiten) eine gewisse Neigung Stolzenbergers zu Dramatisierung deutlich, wie man sie sonst eher von religiös-fundamentalistischen Kreisen kennt. Fast müsste man bei dem Gewicht, den er dem Ganzen gibt, denken, dass das Archiv des Rabenclan e.V. in seinen Hauptbestandteilen aus blutrünstiger, hochproblematischer Okkultliteratur besteht. Was sollte sonst der Grund sein, dass der Verein angeblich die Werke verschweigt, wegen derer seine Website gesperrt wird? Hinzu kommt ein seltsamer Zungenschlag: Für Stolzenberger ist es gar nicht befremdlich, (eher schon natürlich!) den Zugang zur Website einer Institution zu sperren, weil diese ein Bucharchiv betreibt, in dem auch "gefährdende Literatur" zu finden ist. So unsinnig Filterlisten im Internet auch sein mögen: Stolzenbergers mit solchen Thesen zu Tage tretenden Ansichten über die angeblichen Abläufe beim Betrieb von Filtersoftware werfen ein interessantes Licht auf seine von unbestimmten Ängsten angeregte Phantasie. Auch für das Mitglied einer Elterninitative sollte es möglich sein, sich nüchtern über solche Themen zu informieren, bevor im Internet über die Aktivitäten von Symantec Corporation fabuliert wird.

Daß hier zudem der Anklang eines repressives Verständnis von Öffentlichkeit vorliegen könnte, kommt Stolzenberger nicht in dem Sinn. Es passt jedoch zu seinem auch an anderen Textstellen deutlich werdenden Misstrauen gegenüber liberalen Grundprinzipien.


Fazit

Die Kernaussage, die Stolzenberger mit seinem Bild zeichnet, lautet:
Vordergründig gibt sich der Rabenclan e.V. offen, transparent und politisch engagiert. Doch durch interessante Details wird deutlich, dass er wohl im "Hinterzimmer" auch ganz seltsamen Beschäftigungen nachgeht, die das Licht der Öffentlichkeit womöglich scheuen. Der Rabenclan e.V. scheint eine Organisation zu sein, die ominöse, ja sogar "gefährliche" Literatur des New Age verbreitet, darüber jedoch hinwegtäuscht und sich harmlos gibt. Dass die US-amerikanische Firma Symantec in ihrer optionalen Filtersoftware den Zugriff auf die Website sperrt, geschieht deshalb nicht ohne Grund. Auf Tagungen, die angeblich nicht mehr fortgeführt werden (aber wer weiß das schon?), führt der Verein Probanden in Verbindung mit der Genussempfehlung alkoholischer Getränke an okkulte Praktiken heran. Auf seiner Website stellt er magische Praktiken vor. Demonstrativ setzt er sich zwar vom Satanismus ab, muss aber auf Nachfrage zugeben, dass sich ein ehemaliger Pressesprecher vor nicht langer Zeit im Netz eines satanischen Verlags verfing und ein weiterer Autor den Satanismus auf der offiziellen Website wohlmöglich verharmlost. Die Interessen zwischen Satanisten und Neuheiden liegen ohnehin, schaut man sich das Internet an, nicht weit auseinander.



Projektgruppe "Schnappi sucht okkulte Raben"


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Fussnoten

(1) Siehe hier zum Umgang von Stolzenberger mit besagter Website.



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