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Lucas Corso Heidenfest
28.04.2017, 09:55

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Stichwort: "Berliner Heidenfest" - Problematisches Toleranzverständnis in der Diskussion

Derzeit wird in Teilen der Hexen- und Heidenszene eine Diskussion über das sogenannte Berliner Heidenfest vom 13. März 2004 geführt. Dieses Fest, ursprünglich organisiert von einem "Heidenstammtisch" in Berlin-Wedding, an dem u.a. Vertreter der der neuheidnischen Vereine Pagan Federation D.A.CH., des Eldaring, des Odinic Rite und Matthias Wenger (Herausgeber des Internet-Magazins DER HAIN) beteiligt sind, war der erste örtliche Versuch verschiedener Gruppen, eine übergreifende Begegnungsmöglichkeit für Berliner Heiden und Hexen zu veranstalten. Doch zugleich war die mit eher 50 Besuchern eher kleine Veranstaltung wohl auch ein Beispiel für die derzeitige Auseinandersetzung im Neuheidentum, ob Hexen und Heiden mit Ignoranz oder Zivilcourage gegenüber rechtsradikalen Umtrieben reagieren sollen:

Auf der Veranstaltung sollte zum einen Vicky Gabriel einen Vortrag halten, eine neuheidnische Autorin, die in dem umstrittenen, rechtsgerichteten ARUN-Verlag publiziert und diesen Verlag in der Vergangenheit desöfteren in öffentlichen Internetdiskussionen vehement vor Kritik verteidigt hat. Nach Aussage von Matthias Wenger, der nach eigenem Bekunden auf der Veranstaltung eine distanzierende Stellungnahme zu den Aktivitäten des ARUN-Verlags vortragen wollte, versuchten einige der Organisatoren, insbesondere der örtliche Vertreter der Pagan Federation D.A.CH., jegliche Art von Distanzierung (selbst in Form einer ausgelegten Informationsbroschüre über den ARUN-Verlag) zu unterbinden. Wenger schildert in einem sehr persönlich gehaltenen Bericht seines Webmagazins „DER HAIN“ die Ereignisse aus seiner Sicht:

"Um falschen Schlußfolgerungen der Öffentlichkeit gegenüber den Intentionen der Berliner Heiden vorzubeugen, war es für mich persönlich als Mitveranstalter unausweichlich: Mit einigen klärenden Worten war auf der Veranstaltung darauf hinzuweisen, wie wir zu rechten Intentionen, wie sie in Verbindung mit Arun-Publikationen erkennbar sind, eigentlich stehen. Und das damit verbundene kurze Statement versuchte mir Kay-Uwe Drese-Holstein schlichtweg zu verbieten. Ich sollte darauf verzichten - offenbar, weil Vicky Gabriel ein absolutes Stillschweigen zum Thema Arun zur Bedingung ihrer Teilnahme gemacht hatte.(...)

Im unmittelbaren Vorfeld des Heidenfestes, auf dem Heidnischen Stammtisch am Dienstag vor der Veranstaltung und auch noch mal in einem Telefongespräch am Freitagabend versuchte Kay jedenfalls, mir die Zusicherung abzuringen, daß zum Thema Arun kein Sterbenswörtchen fallen würde. Ansonsten würden die von ihm organisierten Beiträge zurückgezogen."

Doch nicht nur die Frage wie mit dem ARUN-Verlag umgegangen werden sollte, sorgte unter den die Veranstaltung tragenden Protagonisten für Konflikte, sondern auch die Person Thilo Kabus. Der rechtsradikale Politiker spielte als umtriebiger Berliner Repräsentant des Odinic Rite bei Organisation und Vorbereitung der Veranstaltung anscheinend eine gewisse Rolle. Nachdem Kabus seine Tätigkeit als Pressesprecher der Branderburger Landtagsfraktion der rechtsextremistischen Deutschen Volksunion (DVU) auf dem Berliner Stammtisch bekannt gegeben hatte, forderte Wenger im Vorfeld der Veranstaltung den Polit-Aktivisten in einer öffentlichen Stellungnahme auf, sich von der Organisation sowohl des Festes als auch von dem "Heidenstammtisch" zurückzuziehen. Ersteres erfolgte wohl weitgehend, zweiteres wurde nach Schilderung Wengers durch örtliche Vertreter des Eldaring und der Pagan Federation D.A.CH. zurückgewiesen:

"Interessant waren nun die Reaktionen von Kay-Uwe Drese-Holstein von der Pagan-Federation-D.A.C.H. und Daniel vom Eldaring: Nachdem man mit Thilo gesprochen hatte, gab es beschwichtigende Worte, mit dem Ziel, "die Auseinandersetzung zwischen mir und Thilo" zu glätten. Ich müsse doch Verständnis dafür haben, daß Thilo bei der Notwendigkeit, seine Familie zu ernähren, nicht auf so einen guten Job verzichten könne. Im Nachhinein wurde mir sogar vorgeworfen, ich hätte eine "Kreuzzugsmentalität" entwickelt und die Leute hätten eben kein Interesse an Politik."

Das für die Veranstaltung engagierte Musikerduo "Die Singvøgel" berichten zudem, dass im Vorfeld der Veranstaltung anscheinend auch rechtsradikale Kreise auf die Veranstaltung aufmerksam machten. Die beiden Musiker - Performancekünstler Duke Meyer und Liedermacherin Karan -, bekannt für ihr langjähriges musikalisches und politisches Engagement gegen Rassismus und rechte Ideologien in der Esoterikszene, beschlossen nach eigener Aussage in Berlin der Ignoranz nicht das Feld zu überlassen:

"Die Beteiligung eines DVU-Referenten an der Veranstaltungsvorbereitung (was uns bis kurz vor Termin unbekannt geblieben war) hätte uns an sich ausgereicht, einen entsprechenden Event einfach zu meiden. Anlaß, "nun erst recht" dort aufzutreten und Farbe zu bekennen, gab uns ein Telefonat mit Initiator Matthias Wenger am Vorabend: Seine Kollegen hatten ihn, wie er glaubhaft schilderte, unter Druck gesetzt, um einen "unpolitischen" Abend zu erzwingen (worunter zu verstehen ist, daß Wenger davon abgebracht werden sollte, auch nur eine kritische Broschüre über den Arun-Verlag dort auszulegen, geschweige denn dessen Einflüsse auf die Heidenszene zum möglichen Thema zu machen). Matthias Wenger war drauf und dran, das Handtuch zu schmeißen - wovon wir - meine Singvøgel-Kollegin Karan und ich - ihn abbringen konnten: Wie oft noch soll man Duckmäusern, Beschwichtigern - und mehr oder minder verhohlenen wie verhehlenden Demagogen - kampflos das Feld überlassen: gerade in einer Szene, die einen kritischen Diskurs ebensogern vermeidet, wie sie ihn anderseits deutlich nötig hat?".(Duke Meyer, April 2004)

Das Musiker-Duo stellte neben seinen bekannten anti-rassistischen Songs auch zwei eigens für die Veranstaltung geschriebene Lieder vor, die Indifferenz gegenüber Rechtsradikalität thematisieren. Doch die von den Beiden erhoffte Diskussion über rechtsradikale Umtriebe im Neuheidentum blieb vor Ort aus: Nachdem die Autorin Vicky Gabriel erfuhr, dass Matthias Wenger entgegen dem Willen der anderen Mitorganisatoren dennoch seine Broschüre auslegte und auch beabsichtigte im weiteren Verlauf des Abends eine Erklärung über völkische und protofaschistischen Publikationen von ARUN abzugeben, sagte sie ihren Programmpunkt ab und verließ die Veranstaltung (die genaue Schilderung des Vorgangs variiert). Nach Berichten von Teilnehmern wurde zuerst durch einen der Organisatoren nur mitgeteilt, die Absage geschähe aus "organisatorischen Gründen". Später trat Matthias Wenger vor das Publikum und erläuterte die Hintergründe der Absage.

Vicky Gabriel veröffentlichte wenige Tage danach mit ihrem Ehemann William Anderson (der ebenfalls bei ARUN publiziert) in einem Internet-Board eine Stellungnahme, in der sie ihre Absage verteidigten. Das Ehepaar sprach von einem Kreuzzug gegenüber dem ARUN-Verlag, bedankte sich aber dafür, dass ein großer Teil der Veranstaltungsorganisatoren sich dafür einsetzte, "das Fest wieder zu seiner ursprünglichen Planung zurückzuführen". Die beiden bedauerten, dass dies ihrer Ansicht nach nicht gelungen sei.*

Welche Rolle spielte der rechtsradikale Politiker Thilo Kabus?

Veranstalter des Festes waren laut Informationsflugblatt die neuheidnischen Vereine Eldaring, Odinic Rite und Pagan Federation D.A.CH. Die Beteiligung des rechtsradikalen Politikers Kabus (Odinic Rite) an der Vorbereitung der Veranstaltung scheint dabei undurchsichtig. Kabus hatte anscheinend die ursprüngliche offizielle Website kreiert, auf der für das Fest geworben wurde. Der Berliner Eldaring-Vertreter berichtet auf einem Internet-Board:

"Thilo war auch einer der Menschen, die beim allgemeinen Heidenstammtisch in Wedding die Heidenfete unterstützt hat und sich auch zur Orga angeboten hat. Allerdings beschlossen wir, eine Beteiligung von ihm, wegen seiner Beschäftigung bei der DVU, nicht zuzulassen. So war Thilo kein Mitglied des Orgateams. Thilo war lediglich als Gast anwesend- zufällig der einzige des Odinic Rite Deutschland an diesem Abend. Eine Erwähnung des ORD-Stammtisches in der Broschüre gab es deshalb, weil der ORD den Grundgedanken des Festes förderte."

Kabus selbst, der auf seiner privaten Website von Anfang an umfangreich das Event bewarb, scheint nach Meinung mancher Beobachter zumindest suggeriert zu haben, dass er eine tragende Rolle spielte. In einer Internetdiskussion um seine Rolle teilt Kabus mit, dass er sich darum bemüht hatte, "durch Diskussionen mit den Veranstaltern zum Gelingen der (...) Party beizutragen". Über seine Präsenz vor Ort berichtet er nicht ohne Stolz: "Aber ich war auch schon ziemlich früh da und konnte mir einen guten Platz sichern sowie alle Anwesenden persönlich begrüßen. (...) Alles in allem fand ich das Treffen gut und weiß, daß man daraus vieles lernen kann und muss." Der rechtsradikale Politiker fühlte sich im Nachgang der Veranstaltung auch für Kritiken und Verbesserungswünsche zuständig, wenn er z.B. anbot: "Immer her damit! Verbesserungsvorschläge können nie schaden, vor allem dann nicht, wenn man gerade den ersten Versuch hinter sich hat.
webmaster@heidenspass.net"

Aufmerksame Beobachter registrieren jedoch zurecht, dass unabhängig von der Frage, inwieweit der ehemalige NPD-Funktionär an der Organisation des Festes beteiligt war, die Berliner Vertreter der beteiligten neuheidnischen Vereine anscheinend wenig wählerisch darin waren, mit wem sie abends mal ein Bier trinken gingen. Erfreulicherweise ist aber zu beobachten, dass offenbar die Berliner Ereignisse in den jeweiligen Gruppierungen zumindest im nachhinein eine Diskussion über den Umgang mit Personen wie Thilo Kabus angestoßen haben. Von besonderem Interesse wird die Frage sein, ob es die Vereine schaffen, dem durch rechtsradikale Kreise oftmals vorgetragenen Appell auf "Toleranz" ein eindeutiges und unmissverständliches Verhalten entgegen zusetzen. Die öffentliche Glaubwürdigkeit ihrer Behauptung, nichts mit rechtsradikalen Kreisen zu tun zu haben, wird auch von diesem Punkt abhängen.

Lucas Corso

*Der Bericht von Dr. Matthias Pöhlmann: Hexen und Heiden im Hinterzimmer - Persönliche Eindrücke vom "1. Hexen- und Heidenfest in Berlin" (erschienen im Materialdienst 06/2004 (S. 216-219) der Evangelischen Zentrale für Weltanschauungsfragen) scheint eine solche Politisierung der Veranstaltung nicht konstatieren zu können.
(Zusatz: Im November 2004 erschien ein weiterer Artikel von Dr.Pöhlmann zu den Vorfällen: Trügerischer "Heidenspass"? Das "1. Berliner Heiden- und Hexenfest" im Spiegel interner Kritik, EZW 2004.)

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Quellen:


Internet-Diskussionen über ARUN-Verlag

(u.a. mit Beteiligung der ARUN-Autoren Vicky Gabriel / William Anderson und dem Berliner Pagan Federation D.A.CH. Repräsentanten Baba Jaga)

Informationen über den ARUN-Verlag:

Internet-Diskussionen über Berliner Heidenfest:

Weitere Berichte zu den Berliner Ereignissen:

Gegendarstellung von Vicky Gabriel

Informationen über Thilo Kabus und DVU Brandenburg

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