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Der Odinic Rite Deutschland - Neuheidentum im Spannungsfeld neurechter Religiosität
von Berna Kühne-Spicer
- Alle Rechte bei der Autorin -
5. Die Mutterorganisation: Der britische Odinic Rite
5.1 Die völkische Selbstbeschreibung des Odinic Rite
"The Odinic Rite" wurde am 23. April 1973 in Großbritannien von John Yeowell (alias Ingvar alias Stubba) zunächst unter der Bezeichnung "Committee for the Restoration of the Odinic Rite / Odinist Committee" gegründet, 1980 umbenannt und ist heute in Großbritannien, Australien und einigen Staaten der USA als Religionsgemeinschaft anerkannt. Es gibt Unterorganisationen des Odinic Rite in Schottland, Wales, Frankreich, Deutschland, USA, Kanada und Italien und Mitglieder in weiteren Ländern. Die Hauptform der internen Organisation ist der Herd (Hearth), zu welchem sich mehrere Anhänger ("adherents") des Odinic Rite zusammenschließen, um gemeinsame Rituale durchzuführen. Viele Mitglieder des OR gehören jedoch keinem Herd an, sondern praktizieren ihren Glauben ganz für sich.
(Quelle: http://odinic-rite.biography.ms/)
Gründer John Yeowell (später bekannt als "Stubba") verfasste 1974 den Grundlagentext "This is Odinism", der u.a. die "Nine Noble Virtues" (Die 9 Tugenden) und die "Nine Noble Charges" (Die 9 Pflichten) enthält. Dieser Wertekanon wird bis heute als gültig für alle Odinisten betrachtet.
Der internationale Odinic Rite wird in der internationalen neopaganen Community allgemein als Vertreter völkischer Ideen eingeordnet:
"They are not as outright Folkish as the Odinic Rite - but they are good folks."
(Quelle: http://66.102.9.104/search?q=cache:KNxsjA4Bd_4J:odinist.com/forum/index.php%3Fshowtopic%3D77%26st%3D20+odinic+rite+racism&hl=de)
"The Odinic Rite. This is an organization based in the UK, with a branch in Vinland. It is a Folkish organization and not to the tastes of everyone."
(Quelle: http://treasuresofvinland.tripod.com/links.html)
"[...]They are a folkish Odinist organistion [...]"
(Quelle: http://www.heathenfolk.net/forums/view_topic.php?id=316&forum_id=19&jump_to=1447)
Diese Einordnung wird verständlich, wenn man sich offizielle Verlautbarungen des Odinic Rite genauer anschaut. Die im Folgenden aufgeführten und von mir kommentierten Zitate stammen von der aktuellen Internetseite des britischen Odinic Rite, und zwar aus der Selbstdarstellung der Organisation bzw. aus der Beantwortung der "Frequently Asked Questions".
(Übersetzungen von Berna Kühne-Spicer)
"The natural religion for the Indo European peoples (often called Northern European) is what today is called Odinism."
Übersetzung:
Die natürliche Religion für die indoeuropäischen Völker (oft als Nordeuropäer bezeichnet) wird heutzutage als Odinismus bezeichnet.
(Quelle: http://www.odinic-rite.org/what%20is%20odinism.htm)
Abgesehen davon, dass der Begriff "indoeuropäisch" bzw. "indogermanisch" ein sprachwissenschaftlicher Terminus ist und keineswegs nur die germanischsprachigen Nordeuropäer umfasst, sondern z.B. auch Spanier, Griechen, Italiener, Albaner, Armenier, Iraner und alle Slawen, fällt hier sogleich der sowohl von Ideologen des kulturalistischen Rassismus als auch von Vertretern eines völkischen Heidentums gern genutzte Begriff "natürliche Religion" auf. Interessant ist aber auch die Gesamtaussage mit ihren für die Kürze des Satzes erstaunlich zahlreichen Implikationen:
1. Es gibt von der Natur bestimmte Religionen. 2. Die Natur ordnet den verschiedenen Völkern jeweils eine bestimmte Religion zu. 3. Die Natur hat für die verschiedenen indogermanischen/nordeuropäischen Völker nur eine einzige Religion vorgesehen. 3. Der Odinismus ist eine Religion. 4. Der Odinismus ist identisch mit dem religiösen Aspekt der Lebensweise der verschiedenen indogermanischen/nordeuropäischen Völker in vorchristlicher Zeit. 5. Odinismus ist die allgemein anerkannte Bezeichnung für das moderne neugermanische Heidentum in allen seinen Spielarten.
Dieser kurze Satz hat aber noch eine weitere Dimension: In letzter Konsequenz bedeutet er, dass Odinismus - zumindest die vom Odinic Rite begründete und vertretene Version des neugermanischen Heidentums - eigentlich von allen heute lebenden, indogermanischen/nordeuropäischen Völkern praktiziert werden müsste, denn Odinismus ist, so stellt es der Odinic Rite auf seiner Internetseite fest, die Religion, welche "die Natur" "für sie" vorgesehen hat.
Das passt gut zu der missionarischen Tendenz, die sich in denselben offiziellen Texten ausmachen lässt:
"As our inspiration, we try to learn from it, and we seek to protect it, defend it, preserve it, advance and extend it, to bring about the New Awakening."
Übersetzung:
Wir betrachten ihn (den Odinismus) als Quelle der Inspiration, von der wir lernen können und die wir schützen, verteidigen, erhalten, weitertragen und erweitern wollen, um das Wiedererwachen zu bewirken.
"Odinists feel they have a duty to pass it on to their children and to encourage their country men and women to find their own path."
Übersetzung:
Odinisten empfinden es als ihre Pflicht, ihn (den Odinismus) an ihre Kinder weiterzugeben und ihre Landsleute zu ermutigen, ihren eigenen Weg zu finden.
(Quelle: http://www.odinic-rite.org/qa.htm#aims)
Der "eigene Weg", den die Landsleute der britischen Odinisten noch finden müssen, kann "natürlich" nur der Odinismus sein, denn:
"It is these divine beings (together with other entities) which have moulded us, our link with them is spiritual and biological."
Übersetzung:
Diese göttlichen Wesen haben uns (gemeinsam mit anderen Wesenheiten) geformt. Unsere Verbindung zu ihnen ist sowohl spiritueller als auch biologischer Art.
(Quelle: http://www.odinic-rite.org/what%20is%20odinism.htm)
Die Verbindung zwischen den Menschen und ihrer Religion ist also laut Odinic Rite nicht nur spiritueller, sondern auch tatsächlich biologischer Art. Damit ist jeder Mensch auf Grund seiner biologischen Herkunft von Natur aus auf (eine) bestimmte Religion(en) festgelegt. Eine andere Religion als eine durch die biologische Herkunft festgelegte zu praktizieren, ist daher "unnatürlich".
"For those who are interested in consciously re-establishing their link with their natural religion and spirituality, for those interested in following a path to the illumination of the Odin Consciousness. For those anxious to reclaim their unique heritage and play their role in heralding a golden future, we invite you to join the Odinic Rite."
Übersetzung:
Wer ganz bewusst mit seiner natürlichen Religion und Spiritualität wieder in Verbindung treten, einen Weg zur Erleuchtung durch das odinische Bewusstsein gehen, sein unverwechselbares Erbe wieder für sich in Anspruch nehmen und beim Beginn einer goldenen Zukunft seine Rolle spielen will, ist herzlich eingeladen, dem Odinic Rite beizutreten.
"The Odinic Rite is regarded as a folk community, the Nation of Odin."
Übersetzung:
Der Odinic Rite versteht sich als Volksgemeinschaft, als Odins Nation.
"Odinism defines our unique identity as a folk and as individuals within that folk organism."
Übersetzung:
Der Odinismus definiert unsere unverwechselbare Identität als Volk und als Individuum innerhalb dieses Volksorganismus.
"... we seek to protect it, defend it, preserve it, advance and extend it, to bring about the New Awakening."
Übersetzung:
"... wir wollen ihn (den Odinismus) schützen, verteidigen, erhalten, weitertragen und erweitern, um das Wiedererwachen zu bewirken.
(Quelle: http://www.odinic-rite.org/what%20is%20odinism.htm)
Erleuchtung, odinisches Bewusstsein, Beginn einer goldenen Zukunft, Odins Nation, Volksorganismus, Wiedererwachen - das klingt alles recht schwülstig und pathetisch und erinnert durchaus an Nazi-Propaganda. Doch selbst wenn man den Formulierungsstil unter die Rubrik "Geschmackssache" einordnet, zeichnet sich hier die völkische Grundausrichtung ab. Die religiöse Bestimmung der nordeuropäischen Völker wird biologisch begründet.
Der Odinic Rite betrachtet die Odinisten ausdrücklich als eigenständiges Volk, dessen als vorhanden angenommene Identität (siehe Kapitel 1.) allein durch den Odinismus definiert wird. Es wird vermittelt, dass es hier um eine große, gute Sache geht, und man ist herzlich eingeladen, die eigene - bisher womöglich eher unbedeutende - Existenz in den Dienst derselben zu stellen.
Doch der Odinic Rite verfolgt ausdrücklich keine politischen Ziele:
"The Odinic Rite is not a political movement.
[...]
But although it is expected of members that they apply Odinist principles in all endeavors, they involve themselves in political activity as private individuals not as representatives of the Odinic Rite."
Übersetzung:
Der Odinic Rite ist keine politische Bewegung.
[...]
Es wird zwar von den Mitgliedern erwartet, dass sie in allen Belangen den Prinzipien des Odinismus folgen. Inwiefern sie sich politisch betätigen, ist jedoch ihre Privatangelegenheit und nicht repräsentativ für den Odinic Rite.
(Quelle: http://www.odinic-rite.org/qa.htm)
Doch politische Distanz muss nicht auf einer apolitischen Grundhaltung beruhen. Sie könnte genauso gut auch eine Wiederaufnahme des Konzepts der "Meta-Politik" sein, wie sie im Umfeld der französischen, neurechten Organisation "Groupement de recherche et d'études pour la civilisation européenne (GRECE)" auch für den völkischen und neuheidnischen Themenkomplex definiert wurde. Das ursprünglich von dem marxistischen Theoretiker Antonio Gramsci entwickelte Konzept hat zum Inhalt, dass für eine Veränderung der Gesellschaft oft weniger die tagespolitische Aktion relevant ist, sondern zuerst die ideologische Durchdringung ("Hegemonie") der weltanschaulichen und kulturellen Aspekten der gesellschaftlichen Lebenswelt erfolgen muss.
Schaut man sich an, welche bemerkenswerten Vorstellungen der derzeitige Vorsitzende des Odinic Rite über seine Organisation als "radikale Bewegung" hat, so wird ein weltanschauliches Verständnis deutlich, das interessante Spuren in dieser Richtung aufweist.
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