Das Internet-Magazin des Rabenclans
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Völkische Ideologie - Teil 5: Perspektiven
Wie bereits an anderer Stelle angekündigt, werden wir uns in folgenden Artikeln weiter mit der völkischen Ideologie befassen und - voraussichtlich - Verbreitungsparameter und Vertreter dieser Spielart des rassistischen Denkmodells untersuchen.
An verschiedenen Stellen konnte klargemacht werden, dass die völkische Ideologie ebenso unvereinbar mit alten europäischen Kulturen ist wie die Ariosophie. Dies muß nicht in allen Einzelheiten diskutiert werden, denn die totale Abhängigkeit der völkischen Ideologie vom Rassismus des 19. Jahrhunderts beweist hinlänglich, dass jeder Versuch, völkische Thesen anderen Gesellschaften unterzuschieben, in krasser Weise ahistorisch ist. Diese Thesen und Versatzstücke konnten nur da entstehen und kolportiert werden, wo sie entstanden und kolportiert wurden.
Es ist deutlich geworden, dass jedes unhinterfragte Übernehmen von Begrifflichkeiten wie "Volk", "Natur" und so weiter in die Fallen des 19. Jahrhunderts führt. Es führt nicht notwendigerweise und unmittelbar zum Rassismus, wie das Beispiel der feministischen Matriarchatstheorie gezeigt hat, die nicht als rassistisch bezeichnet werden kann. Es führt aber notwendigerweise in zwei andere Problembereiche hinein, die wir ebenfalls schon angesprochen haben. Erstens: im Windschatten der Normalität lauert der rassistische Parasit. Das wird auch so lange weiterhin der Fall sein, solange - als wichtigstes Element - die "Natur" sowie der von dieser abhängige Gegensatz "Natur"-"Kultur", sprich: einige Kernelemente des christlich-abendländischen Denkens nicht einer gründlichen Kritik und Revision unterzogen werden. Zweitens, und dieser Problembereich ist eher pragmatischer Natur: geblendet von derlei Konstrukten, die allzu oft für "selbstverständlich" gehalten werden, verfehlt man seine Ziele. Foucault hat das anhand der "Sexualität" gezeigt. Die veraltete Matriarchatstheorie wurde im Bereich des Feminismus scharfer Kritik unterzogen, weil dort dieses Problem inzwischen erkannt wurde. Unser bestes Beispiel ist aber nach wie vor die Heidenszene: nach wie vor müssen wir voraussetzen, dass die meisten Individuen, die dort landen, keinesfalls das Ziel haben, sich mit Rassismus indoktrinieren zu lassen. Nach jahrelanger Beobachtung der Verhältnisse dort erscheint es mir so, dass die Suche nach "Naturreligion" keine eigentliche "Sinnsuche" ist, sondern primär das Bedürfnis nach einem anderen Erleben der Welt. Ein solches Bedürfnis kann nur denen absurd vorkommen, die meinen, die "objektive Wahrheit" über die Welt - und "den Menschen" zumal - bereits zu kennen, wohinter dann unschwer die Gewissheiten des 19. Jahrhunderts zu erkennen sind. Die Suche nach "Naturreligion" - nicht "natürlicher Religion" - ist ein Protest, eine Abstimmung mit den Füßen, die sich nicht nur gegen manifeste Missstände wie "Umweltverschmutzung" oder sozial-ökonomische Unannehmlichkeiten richtet, sondern auch gegen ein Realitätskonstrukt, das massive Unzufriedenheit auslöst. Es ist ein tragischer Anblick, wie diese Unzufriedenen dann als Träger und Verbreiter genau derjenigen Ideologien enden, die der Aufrechterhaltung und Verschlimmerung eben jener Zustände dienen, denen zu entkommen das ursprüngliche Reiseziel war.
Wer sind denn die Autoritäten des 19. Jahrhunderts, dass sie das Recht haben, uns zu zweifelhaften Zwecken die Welt und uns selbst definieren zu dürfen, bis zu und hinein in "die Körper, die wir zu haben meinen" um es mit Barbara Duden zu sagen? Um ihnen und ihren Konstruktionen nicht wiederum in die Falle zu laufen, müssen all ihre "Gewissheiten" und "Selbstverständlichkeiten" durch wirkliche Alternativen ersetzt werden. Ohne ein neues Denken kann es kein neues Leben geben, und es muß ein Denken sein, kein "Schauen" wie bei List und kein "Erfühlen" wie bei der New-Age-Esoterik - ein Denken indessen, das Emotion und spirituelles Erleben aus dem Kerker des mechanistischen Paradigmas herausreißt. Wir sind nicht Gespenster in einer biologischen Maschine, wie René Descartes einer ganzen Kultur erfolgreich weismachte. Wir sind nicht gefangen zwischen einer biomechanischen "Natur" und einer auf die Schiene des "Fortschritts" genagelten "Kultur". Unsere Geschichte darf nicht die sein, in der alles zum Ruhme Roms geschieht, aber auch nicht die, die bloße Biorobotik und daher gar keine Geschichte ist. Wir müssen nicht lernen, alles mit "anderen" Augen zu sehen, wir müssen lernen, alles mit unseren Augen zu sehen, und zwar mit einem wachen, kritischen, keine "Selbstverständlichkeiten" akzeptierenden Blick.
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