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Joculatorium Sagaspiel Teil 1
28.04.2017, 09:55

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Hrafndaelar Saga - ein Experiment

Dieser Text entstand als "Sagafizierung" der von den Teilnehmern "erarbeiteten" Handlung. Die Hauptpunkte stimmen mit den dramatischen Höhe- und Wendepunkten überein.

2. Julfest im Rabental

Als die Gäste alle bei Thorbjörn dem Rabentalgoden eingetroffen waren, ging dessen Frau Aud, die Tochter des Jarl Gudmund, bis spät in die Nacht in der Halle umher, sprach freundlich zu allen und sah danach, dass alle gut untergebracht waren. Da meinten einige, dass ihr Schritt nicht so forsch war wie sonst und dass sie den Kopf etwas höher trug als gewöhnlich. Am Morgen war sie nicht mitten unter den Mägden, wie das sonst ihre Gewohnheit war. Als diese nach ihr sahen, lag Aud tot in ihrem Bett. Da sprachen die Leute davon, wie hoheitsvoll die Frau gewesen war.

Dem Thorbjörn war nicht anzumerken, dass der Verlust ihn hart getroffen hätte. Mit knappen Worten verkündete er Auds Tod und ließ sich anmerken, dass er nicht wenig Lust hätte, sich neu zu verehelichen, obwohl Aud noch nicht einmal bestattet war. Die Leute hatten hierüber viel untereinander zu reden, und einige meinten, Thorbjörn habe nicht weise gehandelt, sich einen wie den Krähen-Ketil als Gast ins Haus zu holen, und denen, die das meinten, kam Auds Tod nicht ganz geheuer vor. Andere aber sagten, ihnen schiene es so, als ob dem Thorbjörn alles ganz recht wäre, wie es gekommen war. Sie sagten, man könne ja merken, dass er die jungen Frauen lange und nachdenklich ansah.

Vigdis, die Tochter des Hersteinn, begann einen Männervergleich. Über sie wurde viel geredet im Rabental, und es hieß, sie habe die Schönheit ihrer Mutter Rannveig und den Wortwitz ihres Vaters, und ein Mann könne mit ihr sein Glück machen, wenn er es nur mit ihr aufnehmen könne. Wie es zu erwarten gewesen war, führten Alf und Ulf lockere Reden. Solveig, der Frau des Alf, war anzusehen, dass ihr das alles nicht recht gefiel, und ihre Tochter Thorunn saß züchtig und schweigend dabei. Thorbjörn verwies den Knechten die Schmähreden nicht, sondern betrachtete nachdenklich die Thorunn. All das erschien den Älteren gefährlich zu werden. Der Holmgang-Arnkell saß still auf der Bank, und einige meinten, dass er lächle unter dem Bart.

"Du scheinst mir recht missmutig zu sein an diesem Julfest", sagte Thorbjörn zu seinem Sohn Thorgrim, der neben ihm in einem roten Hemd aus den Südlanden dasaß. "Ich habe wenig Anlass, fröhlich zu sein, Vater", erwiderte dieser, "wenn du die Töchter von Knechten und Pächtern anlachst. Jetzt hast du einen Hof, der zu unserem Geschlecht passt, und es will mir wenig gefallen, bald eine Magd auf dem Hochsitz neben dir zu sehen." Da war zu merken, dass solche Reden den Leuten wenig gefielen. Thorbjörn erwiderte seinem Sohn, er solle sich nicht in Dinge einmischen, die ihn wenig angingen, und Thingleute und Pächter sollten nicht vergessen, in wessen Halle sie säßen. "Nicht ohne Grund sitze ich hier auf dem Hochsitz und ihr dort auf den Bänken", sagte er.

"Da sitzt du, so lange du noch Thingleute und Pächter hast, Thorbjörn", sagte da Sigrun, die Frau des Bonden Eyolf. Dieser saß still da und sah den Thorbjörn ruhig an. Der ward missmutig und forderte den Herjolf, den Sohn des Eyolf, dazu auf, von seiner Auslandsfahrt zu berichten, denn von müßigem Geschwätz und Klatsch habe er genug gehört.

Herjolf erhob sich und hatte von dem, was er in den Ländern des Griechenkönigs gesehen hatte, viel zu berichten. Die Leute fanden, dass er gut sprach und prächtig aussah in seinen bunten Kleidern, wenn auch die Geschichten wenig Glauben fanden. Kjartan, ein Pflegesohn des Thorbjörn, fiel dem Herjolf ins Wort und meinte, dieser könne nicht recht unterscheiden, was er gesehen und was er geträumt habe. Herjolf erwiderte, von einem Knaben, der nie aus dem Rabental herausgekommen sei, könne man nichts anderes erwarten, und jeder blieb bei seiner Meinung. Die Leute meinten, beide hätten wacker gesprochen.

Dem Thorgrim war anzusehen, dass die Reden von Auslandsfahrten ihn reizten. "Du solltest selbst ausfahren, Vater", sagte er, "denn in Norwegen kannst du um ein Weib freien, dass zur Ehre unseres Geschlechtes passt." Thorbjörn wies das ab. "Wenn ich ausfahre, werden im Rabental bald die Mäuse auf den Tischen tanzen", sagte er. Das wurde nicht gut aufgenommen. "Dann werde ich fahren", sagte Thorgrim. "Du wirst gar nichts tun ohne meine Zustimmung", sagte Thorbjörn.

Auf dem Ehrenplatz saß die Seherin Hjordis. Sie hatte Menschenknochen im Haar und ließ sich nicht anmerken, was sie dachte. Thorgrim ging sie um ihren Spruch an. "So haben die Nornen gewebt", sagte Hjordis, "dass dem Manne, den deine Tochter Thordis erwählt, das Glück immer hold sein wird, so lange er lebt. So lange wird das Glück auch mit dir und den deinen sein, Thorbjörn. Aber wenn Thordis einen Freier abweist, so wird dieser keinen glücklichen Tag mehr haben."

"Ich muss nicht eine Seherin fragen, um zu wissen, dass mein Schwiegersohn ein glücklicher Mann sein wird", sagte Thorbjörn, der mit dem Spruch wenig zufrieden war. "Auch wenn ich keine Seherin wäre, so wüsste ich doch, dass dies hier kein gutes Ende für euch nehmen kann, wenn ich mich hier umsehe", erwiderte Hjordis und schwieg, so sehr man auch in sie drang, mehr zu enthüllen.

Thordis, die Tochter des Goden, saß mit sittsam im Schoß gefalteten Händen an ihrem Platz. Die Leute bemerkten aber, dass sie abwechselnd rot und blass wurde, wenn sie die jungen Männer ansah. "Man kann schon sehen, dass der Hjorleif ihr besonders gut gefällt", sagte Ulf, "der hat Beine wie ein Hengst und wird alsbald auch wiehern wie einer!" "Da steht aber der Arngrim besser im Saft", erwiderte Alf, "der ist stark wie ein Stier und wird auch nicht gerade schlecht zu stoßen wissen!" Darüber erhob sich nun lauter Wortwechsel, es wurde gelacht, aber viele meinten, dass schon aus geringerem Anlass oft Blut geflossen sei und der Thorgrim gut daran täte, diese Knechte vom Hof zu jagen. Herjolf zog seinen Bruder zu einem Gespräch beiseite, aber die Eltern der Brüder ließen sich nicht anmerken, dass sie etwas gehört hätten.

An seinem Platz neben seinem Vater erhob sich der junge Arngrim. Er war der längste Mann in der Halle, stolz und wortkarg nach alter Art, und er sah der Thordis gerade ins Gesicht wie einer, der auch Gefährlicheres wagt, als mit Frauen zu sprechen.

Thorgrim war blass geworden und sah gefährlich aus. "Das leide ich nicht!" sagte er laut. "Keiner hier ist der Tochter eines Goden würdig. Das Bier, das mein Vater brauen lässt, ist wohl zu stark für viele hier, die daheim bei Grütze und Dünnbier sitzen, während bei uns selbst die Knechte stöhnend vom Tisch aufstehen und die Hunde fetter sind als die Menschen anderswo. Meine Schwester wird keinen heiraten, der nur ein Hemd und keine Schuhe hat! Nach Norwegen will ich fahren und mir dort die Söhne von Jarlen und Häuptlingen ansehen, denn einen Bauern werde ich nicht zum Schwager haben. Und dort werde ich auch ein junges Weib für meinen Vater finden, während er selbst auf dem Frühjahrsthing um eure Ziegenböcke und euer schäbiges Wolltuch streitet, damit ihr nicht hungert und erfriert!"

"Ich kann mich nicht erinnern, dass wir Thorbjörn je um einen Gefallen gebeten hätten", sagte Arngrim leise. Es war still geworden in der Halle. Thorgrims Bruder Thorsteinn war anzusehen, dass ihm nicht gefiel, wie von seinem Freund Hjorleif und dessen Familie gesprochen wurde.

Thorgrim erhob sich von seinem Platz, ergriff den vom Julopfer blutigen Schwurring und rief: "Beim Blut des Julebers schwöre ich, dass ich in diesem Jahr nach Norwegen ausfahren werde! Und wer von den jungen Männern nicht mit mir fährt, den nenne ich einen Feigling!"

Da wurden über die Tische hinweg viele Worte gewechselt, und einigen schien es, als werde der Julfriede jetzt gebrochen werden. "Ausfahren sollst du, wenn du es denn so willst", sagte Thorbjörn laut. "Aber dem närrischen Geschwätz in meiner Halle werde ich jetzt ein Ende setzen. Ich bestimme, dass ein Gang gefochten werden soll zwischen Hjorleif Eyolfsson und Arngrim Arnkellsson, mit stumpfen Waffen, damit an Jul kein Menschenblut vergossen wird. Der Sieger soll meine Tochter Thordis zur Frau haben, und das Glück wird ihm und den Meinen hold bleiben, wie uns verkündet wurde. Und du, Sohn, musst schon warten, bis ich tot bin, bevor du hier zu bestimmen hast, und dein älterer Bruder wird dazu auch noch etwas zu sagen haben. Vielleicht kommst du in Norwegen ja zu etwas Verstand."

"Vielleicht kommt er auch zu etwas anderem", sagte der Krähen-Ketil leise. Da lachte Arngrim.

Thorgrim stand da, den Schwurring in der Hand, und war weiß vor Wut. Die Gäste aber sprachen über den Kampf, den man jetzt zu sehen bekommen würde.

Thorbjörn ließ in der Halle Platz schaffen und Schilde und stumpfe Schwerter bringen. "Jetzt werden wir ja sehen, ob der Hengst auch beißen kann", rief Ulf. "Es mag ihn ja anspornen, dass er die Stute gerochen hat!"

"Ich kämpfe nicht um das Weib", sagte Hjorleif still. "Ich kämpfe für die Ehre meiner Sippe." Für diese Worte wurde er später von den Leuten rings um das Rabental sehr gelobt. Arngrim stellte sich ihm gegenüber wie einer, der zum Tanz schritt. Die Leute meinten, es sei doch mehr von dem alten Wikinger in ihm, als er sich hatte bisher anmerken lassen.

Hjorleif hatte den ersten Schlag. Arngrims Schild dröhnte. "Das war wacker", sagte er. Mit seinem ersten Schlag zerschmetterte er den Schild des Hjorleif. "Bringt ihm einen neuen", sagte er, "der hier war ihm sowieso zu leicht." Das brachte dem Arngrim die Achtung der Männer ein. Als der neue Schild gebracht war, gerieten die Kämpfer bald in Hitze. Man konnte sehen, dass der Arngrim je größeres Vergnügen am Kampf fand, je länger er andauerte. Hjorleif dagegen stand tapfer seinen Mann, und auch seine Hiebe wurden nicht schwächer. Die Leute meinten, es sei schwer zu sagen, wer der bessere Mann sei. Doch dann traf Arngrim den Hjorleif mit der Flachseite der Klinge, dass er zu Boden stürzte und liegen blieb.

Da wollte der Holmgang-Arnkell wissen, was geschehen war. "Wenn die Klinge deines Sohnes gebissen hätte", sagte man ihm, "dann hätte die Sigrun jetzt Totenschuhe zu nähen."

"Mag sein, dass der Sohn doch etwas taugt", sagte Arnkell.

Thordis saß mit hochrotem Gesicht und glänzenden Augen an ihrem Platz. Arngrim ging zu ihr hin, nahm sie auf die Arme und trug sie aus der Halle, genau so wie es weitgereiste Leute von den Bräuchen aus den Südlanden berichten.

"Vater, duldest du, dass der Lümmel deine Tochter entführt?" fragte Thorgrim mit ruhiger Stimme. "Ich leide es nicht." Mit dem Schwert seines Vaters in der Hand rannte er dem Arngrim nach. Er traf ihn in den Rücken, so dass die Spitze des Schwertes einen Fuß breit dem Arngrim aus der Brust drang und der Thordis das Blut ins Gesicht floss. "Das saß", sagte Arngrim und fiel tot zu Boden, wie zu erwarten war.

Drinnen wollte der Holmgang-Arnkell wissen, was geschehen war. Man sagte es ihm. "Wer hätte gedacht, dass es mit dem Glück des Thorbjörn so schnell zu Ende sein würde", sagte Arnkell.

Thorgrim kam wieder herein, er war immer noch blass, aber voller Blut. Nachher begannen die Leute, ihn Thorgrim Rothemd zu nennen.

Die Gäste verließen das Fest des Thorbjörn früher, als es sonst üblich war. Der Krähen-Ketil verabschiedete sich freundlich von Thorgrim und wünschte ihm eine gute Reise, was diesem nicht zu gefallen schien.

Den Winter über blieb es ruhig zwischen den Leuten im Rabental. Überall in Island sprach man von dem Julfest beim Rabentalgoden, und die Leute meinten, jetzt werde es bald Feuer und viele Tote geben. Auf dem Rabenstein schlug der Krähen-Ketil sein Zaubergerüst auf, verbrannte Kräuter und stimmte seine Gesänge an. Reisende berichteten, man könne jetzt oft den Arnkell vor seinem Haus sehen, wie er dasaß und seine Waffen schliff.

Hjorleif konnte bald wieder seinem Tagewerk nachgehen und sprach immer voller Hochachtung von Arngrim. Er und Thorsteinn blieben gute Freunde, wenn es jetzt auch Hjorleif war, der von den beiden größer dastand.

Thorbjörn kaufte dem Thorgrim ein großes Schiff, dieser konnte aber nur schwer Mannschaft finden. Er fuhr aus, bevor zum Frühjahrsthing geladen wurde. Man sprach viel darüber, dass der Holmgang-Arnkell nicht Klage erhob und nichts unternahm, und man war sich einig, dass sein Schlag gegen die Sippe des Thorbjörn desto härter ausfallen würde.

Thordis wurde sehr still. Fröhlich war allein die Vigdis, die man sagen hörte, sie würde schon einen guten Mann finden, der ihren Eltern Land schenken würde. Pächter des Thorbjörn wollten sie nämlich nicht bleiben, denn den hatte das Glück verlassen.

(Hans Schuhmacher)

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