Hrafndaelar Saga - ein Experiment |
Ursprünglich als vergnügliche Spielerei auf der Grundlage der Isländersagas beim Walpurgisnacht-Fest 2006 des Rabenclans geplant, veranlasste der Enthusisasmus der Teilnehmerinnen und Teilnehmer einige Raben dazu, aus diesem Saga-Spiel ein fortlaufendes Projekt zu machen.
Die Halle des Goden |
Die Islandsagas stammen sämtlich aus christlicher Zeit, spiegeln aber nach einhelliger Meinung der Skandinavisten die vorchristlich-heidnischen Verhältnisse in Island wieder - selbstverständlich nicht unverzerrt. Islandsagas insinuieren mittels einer großen Palette von dramaturgischen und sprachlichen Mitteln, die von sehr subtil bis plakativ-polemisch reicht, die Überlegenheit der christlichen Verhältnisse gegenüber den heidnischen. Das macht die Sagas als Quellen jedoch nicht wertlos.
Dieses Projekt, ursprünglich für das Rabenclan-Treffen anlässlich von Beltaine 2006 entworfen, ist ein Versuch, verschiedene in den Sagas vorhandene Elemente der vorchristlich-isländischen Gesellschaft für Teilnehmer und Zuschauer "erlebbar" zu machen. Das Konzept ist schnell erklärt: Hans Schuhmacher hatte zunächst eine einleitende Vorgeschichte verfaßt, die - orientiert an historischen Vorbildern der Island-Sagas - Tücken und Dynamiken der Saga-Welt illustrieren sollte. In einer Ausgangsituation mit zunächst 20 Charakteren und unter Zugabe einiger Informationen über Sozialstruktur, Wertehorizont und Rollenverständnis der Isländer zur Sagazeit wurde ein Szenario geschaffen, das von den interessierten Teilnehmern eine eigene Ausgestaltung verlangte.
Die Teilnehmer erhielten Informationsmaterial in die Hand, das es ihnen ermöglichen sollte, sich in kurzer Zeit auf ihre Rolle vorzubereiten. Die weitere Handlung war vollkommen ungewiss und hing einzig und allein von der gänzlich improvisierten Interaktion der Beteiligten ab. Das Experiment ist so angelegt, dass die bereits in den Sagas literarisch überzeichneten "sagatypischen" Elemente den Schwerpunkt bilden.
Fast zwei Dutzend Festbesucher des Walpurgisnacht-Treffens vom 29. April bis 1. Mai 2006 beteiligten sich an dem Experiment. Konfrontiert mit einer spezifischen Ausgangssituation - ein Julfest - entwickelten sie ihre eigene Interpretation einer historisierenden Rollenvorgabe. Dass hierbei die Diskrepanz zu zeitgenössischen Verhältnissen zum Vorschein kommen wird, war ebenso beabsichtigt wie der nicht unerhebliche Unterhaltungswert, den der Versuch moderner Menschen, in einer Saga zu agieren, hatte.
Die Hrafndaelar Saga, also die Geschichte der Leute vom Rabental, hat ein offenes Ende. Die Ausgangslage wird in der Geschichte "Die Leute vom Rabental" erläutert. Was die Festbesucher an Beltaine 2006 aus dieser Situation machten, erzählt die Episode "Julfest im Rabental". Wie es weitergeht, weiß noch keiner. Das Experiment verfolgt keine großartige didaktische Zielsetzung, von den Teilnehmern werden auch keinerlei Vorkenntnisse erwartet. Sollte die "Hrafndaelar Saga" einmal aus dem Ruder laufen und zur improvisierten Komödie werden (was nicht unwahrscheinlich ist), so kann das ruhig als Erfolg eingestuft werden - die Saga ist nicht Bestandteil einer Skandinavistentagung, sondern Bestandteil von Festivitäten naturreligiöser Menschen mit großem Hang zur Selbstironie.
Die Geschichte
Materalien für die Teilnehmer
2. Grundlegendes zur isländischen Gesellschaft zur Sagazeit
3. Sagatypisches Verhalten und seine Grundlage
4. Harald Schönhaar und seine Königsherrschaft
5. Zur Einstimmung - ein Stück Saga